Eigentor der Liga der Baselbieter Steuerzahler VSG im Abstimmungskampf
08.06.2017
Lesen Sie den Informationstext der VSG in Bezug auf die Initiative "Für einen effizienten und flexiblen Staatsapparat":

Im Jahre 2012 hat die Liga der Baselbieter Steuerzahler die Initiative „Für einen effizienten und flexiblen Staatsapparat“ eingereicht, welche nur zum Teil für gültig befunden wurde. Über den gültigen Teil wird am 24. September 2017 an der Urne abgestimmt. Es geht im Wesentlichen darum, dass den Staatsangestellten analog OR gekündigt werden soll. Der Landrat hat diesen Vorschlag im Frühjahr genau geprüft und verworfen, dies nicht zuletzt wegen der Kampagne des VSG. Der Landrat hat erkannt, dass die Vorlage eine Mogelpackung ist und das Ziel weit verfehlt. Wegen bundesrechtlichen Vorschriften ist eine Kündigung nach OR nicht möglich; die Normen widersprechen sich grundsätzlich. Als Folge davon wäre das öffentlich-rechtliche Kündigungsrecht des Kantons faktisch lahmgelegt. Wegen der rechtlichen Unsicherheit müssten für jede Kündigung Juristen beigezogen werden, da die HR-Fachleute mit den Problemen im Einzelfall überfordert wären.
Zudem wäre ein Kündigungsrecht analog OR für sämtliche Angestellten ein schlechtes Omen. Standard ist in der Schweiz nicht das OR, welches nur minimale Rechte definiert, sondern Gesamtarbeitsverträge, welche durch die Sozialpartner erarbeitet wurden. Der Arbeitsfrieden der Schweiz beruht zu einem grossen Teil auf diesen GAV. Wird den Kantonsangestellten das Kündigungsrecht auf das tiefe Niveau des OR gesenkt, ist es eine Frage der Zeit, bis auch privatrechtliche Firmen diesem Signal folgen.
Die Volksabstimmung der Liga der Baselbieter Steuerzahler kostet den Steuerzahler gegen 5 Millionen Franken. Bei gut 5'000 Staatsangestellten des Kantons macht das pro Angestellten etwa 1’000 Franken. Eine pure Verschwendung, zumal das Kündigungsrecht bereits anfangs Jahr, in Zusammenarbeit den Arbeitnehmervertreter, durch den Landrat gelockert wurde.
Lesen Sie auch den Brief, den die ABP der Liga der Baselbieter Steuerzahler hat zukommen lassen. Zu einer Antwort hat sich die Liga leider nicht durchringen können.
Als eine Art Gegenvorschlag zur Gesetzesinitiative der Liga der Baselbieter Steuerzahler hat der Regierungsrat eine Vorlage in den Landrat eingebracht, welche eine Erweiterung der Kündigungsgründe gemäss §19 Personalgesetz zur Folge hat. Bisher gibt es im Personalgesetz eine Liste mit abschliessenden, wesentlichen Gründen, bei welcher einem Angestellten, ohne dass ihm ein alternativer, geeigneter Job angeboten werden muss, ordentlich gekündigt werden kann. Neu soll diese Aufzählung der Kündigungsgründe nicht mehr abschliessend sein, sondern vergleichbare (ebenso wesentliche) Gründe sollen ebenso zu einer Kündigung führen dürfen. Der VSG sowie die anderen Personalverbände haben den Vorschlag des Regierungsrates unterstützt und ihn mitgetragen. Anfangs 2017 wurde diese Gesetzesänderung durch den Landrat verabschiedet.
Was eigentlich ganz normal klingt war eine Sensation und wurde auch durch die Presse so gewürdigt. Die Vorlage war äusserst umstritten. Die Personalkommission des Landrates wollte in eigener Regie - und ohne Anhörung der Personalverbände – gar ein Kündigungsrecht analog OR aufgleisen. Mit Stichentscheid des Landratspräsidenten wurde dann aber die von uns unterstützte Regierungsratsvariante verabschiedet, gerade weil die Kündigung analog OR für Staatsangestellte in der Praxis nicht anwendbar ist (und faktisch tatsächlich zu einem unkündbaren Staatsangestellten führen würde). Zu viele dem OR widersprechende bundesrechtliche Normen wären mitzuberücksichtigen und würden zu einem unlösbaren „gordischen Knoten“ bei jeder anstehenden Entlassung führen. Die Ratslinke und die Mitte konnten von dieser Argumentation überzeugt werden und stimmten gegen die vermeintliche Mehrheit von FDP und SVP, welche „ein Zeichen haben setzen wollen“.
Vom Tisch ist das Kündigungsrecht für Staatsangestellten analog OR indes noch nicht. Eine Gesetzesinitiative der Liga der baselbieter Steuerzahler will genau diese Kündigungslockerung. Trotz Ablehnungsempfehlung des Landrates will die Liga der baselbieter Steuerzahler an der Initiative festgehalten. Am 24. September 2017 werden wir darüber abstimmen.